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Aktuelle Meldungen der Stadt Kemnath

Jede Zeit hat ihre Passion: Spannende Einblicke von Prof. Klaus Wolf

Passionsspiele faszinieren seit Jahrhunderten Menschen auf der ganzen Welt. Prof. Dr. Klaus Wolf, renommierter Experte für mittelalterliche und frühneuzeitliche Passionsspiele von der Universität Augsburg, hat in Kemnath im Begleitprogramm der Passion einen Vortrag gehalten, der die Bedeutung und Einzigartigkeit dieser kulturellen Tradition beleuchtet und die Zuhörer dazu eingeladen hat, die Passion aus neuen Blickwinkeln zu betrachten. Musikalisch gestaltet wurde der Vortrag vom Duo DanzMelange mit eindringlichen Rhythmen.

Das Duo DanzMelange mit Carolin Pruy-Popp und Martin Hick.

Die Hohen Räte stellen sich auf zum Gruppenfoto mit Bürgermeister Roman Schäffler, Prof. Klaus Wolf und Pfarrer Thomas Kraus

Prof. Wolf auf der Bühne.

Prof. Dr. Wolf kennt Passionsspiele wie kaum ein anderer. Er hat intensiv unter anderem über die berühmten Oberammergauer Spiele geforscht und war selbst an der Inszenierung des Augsburger und des Füssener Osterspiels beteiligt. "Die Vielfalt der Passionsspiele begeistert mich immer wieder. Es scheint, als ginge es immer um denselben Plot, doch schon die Evangelien erzählen die Geschichte ganz unterschiedlich – und die Passionsspiele interpretieren sie noch einmal auf ihre Weise", erklärt Wolf.

Besonders gespannt zeigt sich Prof. Dr. Wolf auf die Kemnather Passion, die er bisher noch nicht gesehen hat, aber unbedingt besuchen möchte. "Die meisten Passionsspiele enden mit der Auferstehung", betont er. Dass die Kemnather Passionsspiele mit dem Tod am Kreuz endet, sei ungewöhnlich. Diese dramaturgische Entscheidung unterstreiche aber die zentrale Botschaft der Passion: "Gott ist Mensch geworden, hat sich mit den Menschen und ihrem Leid solidarisiert. Das zeigt sich eindrücklich in der Kreuzigung.“ Die Botschaft der Kreuzigung sei, dass der Mensch nicht allein ist.

Die Ursprünge jeden Theaters, schon in der Antike, lägen in der Religion. "Ursprünglich waren Passionsspiele Teil des liturgischen Jahreskreises. Sie spielten immer im Hier und Jetzt, sprachen die Menschen unmittelbar an – und tun das auch heute noch." So seien beispielsweise im Mittelalter die Darsteller nicht in historische Kostüme gekleidet gewesen, sondern in Alltagskleidung. Auch Anspielungen auf lebende Personen, sogar namentlich, seien gang und gäbe gewesen. Passionsspiele hätten dadurch nicht nur religiöse, sondern auch politische Botschaften der jeweiligen Zeit vermittelt. Dies gipfelte zum Teil in offenem Antisemitismus, wenn Figuren zum Beispiel Namen jüdischer Bürger der jeweiligen Stadt trugen. Auch die römische Hinrichtungsart der Kreuzigung sei – faktisch falsch – den Juden angelastet worden. Verurteilt und getötet wurde Jesus nicht von den Juden, sondern von den Römern – das dürfe man nicht vergessen.

Aus wissenschaftlicher Sicht fasziniert es Prof. Wolf, wie jede Epoche die Passionsgeschichte neu interpretiert: "Es geht nicht nur um die Passion an sich, sondern um die Passion für mich. Jede Zeit übersetzt die Passionsspiele in ihre Zeitläufe hinein."

Auch das Gemeinschaftserlebnis sei entscheidend, warum die Passionsspiele bis in die heutige Zeit ihre Bedeutung nicht verloren haben. "Die Proben und Aufführungen schweißen die Spieltruppe und die ganze Stadt zusammen. Das ist ein Stück von Kemnath und gehört zur DNA dieser Stadt", sagt er. Die Passion sei nicht nur Theater, sondern auch ein Ausdruck von Glaube, Gemeinschaft und Identität – besonders in (Alt)Bayern.

Mit einem Augenzwinkern erinnert er an die Worte Goethes: "Und ihr könnt sagen, ihr seid dabei gewesen." Denn jede Minute, die man auf oder hinter der Bühne verbringe, sei ein wertvoller Teil des Lebens.